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Ein Leben zwischen den Zeilen: Eine Liebeserklärung an die Literatur
Beim Lesen bin ich gestolpert. Im bäuerlichen Milieu Rheinhessens der fünfziger Jahre türmten sich die Hindernisse. Eine Offenbarung war für mich der Deutschunterricht am Gymnasium. Ich erinnere mich lebhaft an das gelbe Reclam-Heft Aus dem Leben eines Taugenichts von Eichendorff. Zum Ärger meines Vaters und meiner Geschwister verkroch ich mich hinter Büchern.
In ihren Augen Faulheit pur. Nach sechs Jahren Gymnasium sollte damit Schluss sein. Für ein Mädchen sind zehn Jahre Schule mehr als genug. Ein schmerzhafter Einschnitt. Ich verdrängte meinen Wunsch zu studieren, verdiente Geld und kaufte mir davon Bücher.
Ein Buch führte mich zum nächsten. Mit Freude stöberte ich durch die Mainzer Buchhandlungen und las am Rheinufer. Die Literatur Sartres, die in den sechziger Jahren in Mode war, fand ich schwierig und faszinierend zugleich.
Seine Thesen befeuerten die Proteste der 68er mit ihrer Wut auf die Elterngeneration, die sich ihrer Verantwortung für die Folgen des Dritten Reiches entzogen hatte. Ich besorgte mir Bücher über die Zeit des Zweiten Weltkriegs mit der bedrückenden jüdischen Literatur. Erschreckend, von der in Mainz geborenen und aufgewachsenen Anna Seghers über die Gräueltaten in unserer nächsten Umgebung zu lesen.
Erschütternd die Lektüre von Elie Wiesel, Stefan Zweig und anderen.
Mehr Leichtigkeit fand ich in den Romanen von Carl Zuckmayer mit ihrem starken rheinhessischen und Mainzer Kolorit. Sie weckten eigene Erinnerungen an die ausgelassene Freude der Mainzer Fastnacht, aber auch an die weniger fröhliche Arbeit im Weinberg.
Neue spannende Welten entdeckte ich unter anderem in Büchern von Tellkamp, Amos Oz und Murakami.
Nach meiner Familienzeit ein erfreulicher Wendepunkt durch den Wiedereinstieg ins Berufsleben mit einer neuen Lesespur.
Als Sekretärin eines Philosophie-Professors lernte ich eine neue Form des Lesens kennen, für mich überraschend spannend und lehrreich.
Bücher prägten und prägen mich bis heute. Sie haben Erinnerungen angeschubst, Vergangenes, aber auch Gegenwärtiges mit gesellschaftlichen und politischen Fragen erhellt. Fremde Welten haben sie mir erschlossen, und nicht zuletzt habe ich viele Bücher einfach nur genussvoll gelesen.
Meine Liebe zur Literatur hat mir oft einen Weg zu mir selbst gezeigt, trotz vieler Hindernisse von klein auf.